Das JStG 2020 sieht umfangreiche Änderungen, insbesondere beim Investitionsabzugsbetrag § 7g EStG, vor:
1. Begünstigte Wirtschaftsgüter, § 7g Abs. 1 S. 1 EStG (E)
Es bleibt, wie bisher, dass die beabsichtigte Investition nur Wirtschaftsgüter begünstigt, die im Jahr der Investition und im Folgejahr ausschließlich oder fast ausschließlich (d.h. zu mehr als 90%) im Betrieb genutzt werden.
Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, dass in diesem Zeitraum vermietete Wirtschaftsgüter in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen werden.
Eine schädliche betriebsfremde Verwendung wäre danach die private Nutzung, eine weniger als 90% umfassende eigenbetriebliche Nutzung sowie neu, eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung in einem anderen Betrieb, auch in einem anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen.
2. Begünstigte Investitionen
Es ist eine Anhebung der begünstigten Investitionsaufwendungen von 40 % auf 50% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgesehen.
3. Einführung einer einheitlichen Gewinngrenze, § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG (E)
Es soll künftig für alle Gewinneinkunftsarten eine einheitliche Gewinngrenze in Höhe von 150.000,- € als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen gelten.
Position des HLBS: Der HLBS lehnt die Gewinngrenze von einheitlich 150.000,- € ab und setzt sich dafür ein, diese auf einheitlich 200.000,- € anzuheben. Dieser Betrag wird angesichts der Corona-Krise unter Hinweis auf die bereits in 2008 im Rahmen der Finanzkrise getroffenen gesetzlichen Maßnahmen v. 21.12.2008, BGBl. 2008 I, S. 2896 als sachgerecht und angemessen angesehen. Im Hinblick auf die Abschaffung der Einheitsbewertung im Steuerrecht durch die Reform des Grundsteuergesetzes ab 2025 spricht sich der HLBS darüber hinaus für die wahlweise Aufrechterhaltung der bisherigen Betriebsgrößenmerkmale für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2024 mit dem Ziel aus, dass bis zu diesem Zeitpunkt das Kriterium des Wirtschaftswerts oder des Ersatzwirtschaftswerts weiter als Betriebsgrößenmerkmal für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft zur Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen herangezogen werden können. |
4. Versagung der nachträglichen Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen bei festgestellten Mehrergebnissen im Rahmen der Betriebsprüfung, § 7g Abs. 2 S. 2 EStG (E)
Investitionsabzugsbeträge sollen danach nur noch im Rahmen der Steuererklärung geltend gemacht werden können. Eine bisher zulässige nachträgliche Beantragung, etwa zur Kompensation von in einer Betriebsprüfung festgestellten Mehrergebnissen auch noch nach Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts, soll ausgeschlossen werden. Künftig soll vorausgesetzt werden, dass das begünstigte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages noch nicht angeschafft oder hergestellt worden ist.
Position des HLBS: Der HLBS lehnt diese Einschränkung der Anwendbarkeit der Vorschrift ab. Sie entspricht nicht der Zielsetzung der Norm, die u.a. dem Liquiditätsgewinn der Betriebe und der Eigenkapitalverwendung dient. Die bisherige Rechtsanwendung schafft Planungssicherheit für die Berater und ihre Mandanten. Die Einschränkung steht auch den Gedanken der „Flexibilisierung“ von investiven Betriebsvorgängen entgegen, die von der Finanzverwaltung als Ziel der vorgesehenen Gesetzesänderungen besonders hervorgehoben wird. |
5. Nachträgliche Versagung des Abzuges bei Mitunternehmerschaften wenn Investitionsabzugsbetrag und Investition verschiedene Vermögensbereiche der Mitunternehmerschaft betreffen, § 7g Abs. 7 S. 2 und 3 EStG (E)
Entgegen der Rechtsprechung des BFH, Urt. v. 15.11.2017, VI R 44/16, BStBl. 2019 II, S.466, ist vorgesehen, dass die Geltendmachung von Investitionsabzugsbeträgen nur in dem Vermögensbereich einer Mitunternehmerschaft zulässig sein soll, in dem der Abzug erfolgt. Damit soll erreicht werden, dass die Begünstigung nur demjenigen gewährt wird, der auch tatsächlich die Investition tätigt. Mit dieser Regelung soll künftig vermieden werden, dass der Investitionsabzugsbetrag beim Gesamthandsgewinn einer Mitunternehmerschaft gewinnmindernd berücksichtigt, die Investition dann aber im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters vorgenommen und das begünstigte Wirtschaftsgut dort aktiviert wird.
Position des HLBS: Der HLBS lehnt diese Maßnahme ab, die ihre rechtlich fundierte Begründung in dem BFH- Urteil v. 15.11.2017, VI R 44/16, BStBl. 2019 II, S. 466 gefunden hat. Der BFH ist bezogen auf das Förderziel von Investitionen im Anwendungsbereich der Vorschrift des § 7g EStG von der Einheit des Betriebes im Rahmen einer Mitunternehmerschaft ausgegangen. Es ist zudem sachlich nicht nachvollziehbar, wenn dieses Urteil durch Veröffentlichung im Bundessteuerblatt von der Finanzverwaltung zunächst angewendet wird und nunmehr auf gesetzlichem Wege zu Lasten der Betriebe wieder abgeschafft werden soll. Im Wesentlichen werden Mitunternehmerschaften im familiären Bereich von dieser Regelung betroffen, die mit der Bildung von Mitunternehmerschaften eine Betriebsnachfolge vorbereiten. In diesem Fällen macht es sachlich keinen Sinn, eine Differenzierung vorzunehmen zwischen der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages im Bereich des Gesamthandsvermögens und der tatsächlich vorgenommenen Investition im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers. Hier müssen die steuerlichen Vorteile der Investition im Vermögensbereich der Mitunternehmerschaft im Ganzen Berücksichtigung finden. Die Zielsetzung des § 7g EStG steht dieser Betrachtung nicht entgegen, sondern sie sichert gerade die im Hinblick auf einer Betriebsnachfolge vorgenommenen Investitionen auch durch eine berechtigte Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung ab, die eine Betriebsführung in der Generationennachfolge durch den Einsatz von Eigenkapital stärkt. Es ist sachlich nicht nachvollziehbar, mit dieser Maßnahme auf die Betriebsplanung im Rahmen von Mitunternehmerschaften in unnötiger Weise einzuwirken und mit nachteiligen steuerlichen Folgen zu verbinden. |
6. Berücksichtigung von vermieteten Wirtschaftsgütern auch im Rahmen der Sonderabschreibungen, § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG (E)
Durch eine entsprechende Änderung in § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG (E) soll die Begünstigung von vermieteten Wirtschaftsgütern auch für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG gelten. Die Einführung einer neuen Gewinngrenze für alle Gewinneinkunftsarten wirkt sich sodann ebenfalls auf die Anwendbarkeit von Sonderabschreibungen aus.
7. Rechtsanwendung, § 52 Abs. 16, S. 1 und 2 EStG (E)
Der Gesetzentwurf sieht vor, die Neuregelungen erstmals für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen anzuwenden, die in nach dem 31.12.2019 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden. Bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren gem. § 4a EStG soll die Möglichkeit eingeräumt werden, die neue Gewinngrenze erst in Wirtschaftsjahren zu berücksichtigen, die nach dem 17.7.2020 enden. Damit will man erreichen, dass für das am 30.6.2020 endende Wirtschaftsjahr 2019/2020 noch die bisherigen Betriebsgrößenmerkmale berücksichtigt werden können. Dieses Wahlrecht kann allerdings für die Geltendmachung von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen nur einheitlich geltend gemacht werden.
Position des HLBS: Der HLBS setzt sich dafür ein, dass nicht nur land- und forstwirtschaftliche Betriebe, für die das abweichende Wirtschaftsjahr zum 30.6.2020 endet, eine erstmalige Anwendung der neuen Gewinngrenze erst nach dem Ende des Wirtschaftsjahrs 2019/2020 vornehmen müssen, sondern zur Vermeidung einer unzulässigen gesetzlichen Rückwirkungsfolge auch Weinbaubetriebe und Forstbetriebe hier berücksichtigt werden, deren Wirtschaftsjahr sich nach einem späteren Zeitpunkt richtet und nach § 8c Abs. 1 EStDV bestimmt wird. |
Berlin, im September 2020
Bild: Annette Weißenborn